MUSIK
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- BIOHAZARD:
Molotow, Hamburg
Das Hamburger Molotow haben sich das Hardcore-Quartett aus Brooklyn
und ihre Plattenfirma Mercury für die weltweit im Internet übertragene
Präsentation des neuen Albums "New World Disorder" ausgesucht.
Biohazard, die sonst Tausende von Zuschauern gewohnt sind, fühlen
sich sichtlich wohl in dem kleinen, bis zum Bersten gefüllten
Club. Der Eintritt ist frei - das sei man den Fans, die die Band
jahrelang unterstützt haben, schuldig, sagt Bassist Evan Seinfeld,
neben Gitarrist Billy Graziadei einer der beiden Sänger und Köpfe
der Band. Es ist heiß im Molotow - und längst nicht so laut, wie
die mächtige Bühnenanlage vermuten läßt. Der Sound ist erstklassig
- Gitarren und Bass sind einfach fett, das Schlagzeug druckvoll.
Selbst der Gesang - bei lauten Bands in kleinen Clubs oft ein
Sorgenkind - ist gut zu verstehen. Die Fans springen im Takt und
tragen ihresgleichen - ebenso wie Graziadei - trotz der niedrigen
Decke im Kellerclub über die Köpfe. Die Band bedankt sich mit
dem Versprechen, Aufnahmen für ein Live-Album in Hamburg zu machen.
Nach acht Songs und 40 Minuten - so die Planung - soll Seinfeld
den letzten Song ansagen. Aber weder Publikum noch Band haben
schon genug. Seinfeld: "Eigentlich sollte an dieser Stelle Schluß
sein, aber wir wollen hier eine Riesenparty mit unseren Fans feiern
- und die ist jetzt noch nicht zu Ende!" Biohazard verlängern
ihr Set um eine Viertelstunde, um sich danach unter die Menge
zu mischen und das Gespräch mit den Gästen zu suchen. Diese Band
liebt ihre Fans!
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- INCOGNITO:
Westport-Festival, Hamburg
Viertel nach neun ist es, das Westport-Zelt zu etwa zwei Dritteln
voll, als Jean-Paul "Bluey" Maunick mit seiner Band Incognito
die Bühne betritt. Seit 18 Jahren sind sie nun schon unterwegs
in Sachen Jazz, Funk und Soul - seit Jahren auch schon eine feste
Größe auf dem Westport-Festival. "Wild And Peaceful", der Eröffnungstrack
des aktuellen Albums "No Time Like The Future", leitet das mit
Zugaben über zweistündige Konzert ein. Die spärlichen Ansagen
des Meisters werden mit viel Applaus bedacht, insgesamt aber sprechen
präzise Bläsersätze, eine fantastische Rhythmussektion und insbesondere
die drei ausgezeichneten Backgroundsängerinnen, angeführt von
Blueys langjähriger Weggefährtin Maysa, für sich. Letzterer kommen
bei "Deep Water", einem Song über eine Beziehungskrise in ihrem
Leben, die Tränen - und der Applaus will kaum verstummen. Neben
Cover-Versionen wie "Always There" oder Stevie Wonders "Don't
You Worry About A Thing" bestimmen vor allem die Titel des neuen
Albums das Gastspiel. Den Höhepunkt bildet allerdings ein älterer
Song: "Still A Friend Of Mine", dem plötzlich erkrankten Sänger
Marc Anthony gewidmet, bildet den Abschluß des Sets vor der Zugabe
- und Bluey selbst singt den Titel im Duett mit Maysa. Maunick:
"Das ist das erste Mal in meinem Leben, das ich auf der Bühne
den Lead-Gesang übernehme. Wir wünschen Marc Anthony gute Besserung,
damit er bald wieder bei uns ist."
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- JOHN
McLAUGHLIN: West Port Festival, Hamburg
Sitzen konnte der größte Teil der wohl bisher am besten besuchten
Veranstaltung des West Port Festivals (das nächstes Jahr wohl
anders heißen muß, wenn das Elektronik-Haus Technics die Zigarettenmarke
West als Sponsor ablöst) - das Zelt war bestuhlt. Warum? John
McLaughlin, Jazzgitarrist der Sonderklasse, und sein dreiköpfiges
Ensemble standen nicht - nein, sie saßen im Halbkreis auf der
leicht erhöhten Bühne. Die Verschmelzung europäischer und indischer
Einflüsse ist das Anliegen des Gitarristen und seines Ensembles,
das unter dem aktuellen Albumtitel "Remember Shakti" auftritt
und damit an eine Formation McLaughlins aus den 70er Jahren erinnerte.
Mit dabei: Ur-Mitglied und Tabla-Spieler Zakhir Hussain. Indische
Neun-, Zehn- oder Elf-Beat-Rhythmen unterlegten das immer noch
atemberaubend virtuose Spiel McLaughlins, dessen Musikverständnis
ebenfalls der vorderasiatischen Kultur entlehnt ist: Das ganze
Leben ist Musik - eigentlich spielt ein Musiker 24 Stunden am
Tag - nicht nur auf der Bühne. Die mangels fester Struktur weitgehend
improvisierten Stücke überschritten oft die 20-Minuten-Grenze:
Mandoline und Gitarre im musikalischen Duell. Publikum und Musiker
hatten ihren Spaß - insbesondere McLaughlin selbst, dem selten
das Lächeln aus dem Gesicht wich. "Remember Shakti" - Motto des
Konzertes, Anspruch und Versprechen zugleich: John McLaughlin
und seine Mitmusiker ließen keine Wünsche offen.
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- POTHEAD:
Grünspan, Hamburg
Man mag sie oder man mag sie nicht, die Wahlberliner aus Seattle
mit ihrem Drummer aus dem Sauerland. So speziell wie die Zusammensetzung
der Band ist ihre Musik - schwere, mörderisch tighte Grooves,
monotone, jedoch eingängige Riffs, der schneidende, Ozzy-ähnliche
Gesang, Einflüsse von Psychedelic bis Grunge. Gleiches gilt für
die Performance der Band. Keinerlei Ansagen unterbrechen die Show
- mit Ausnahme eines schüchternen "Danke" etwa alle drei Songs.
So spielt die Band in 95 Minuten dann auch Material, das andere
Bands kaum in zwei Stunden unterbringen. Dazu noch etwa 30 Minuten
Zugaben - bei Pothead gibt's viel Musik für faire Eintrittspreise.
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- SUGAR
RAY:
Grünspan, Hamburg
Die von Sugar Ray im randvollen Grünspan feilgebotene schmackhafte
Melange aus Hip-Hop, Metal, Soul und Blues zeigte den breiten
musikalischen Background der solide aufspielenden Band. Die in
die Songs integrierten "Mitsing-Refrains" von 70er und 80er Hardrock-Titeln
und vom Sänger angekündigte "Metal-Karaoke"-Versuche indes gingen
beim insgesamt recht jungen Publikum völlig daneben - im Gegensatz
zum US-Publikum kennt in Deutschland wohl kaum ein Zwanzigjähriger
Songs wie Iron Maiden's "Running Free" oder "We're not gonna take
it" der Metal-Travestie-Kapelle Twisted Sister. Nach einer Stunde
kamen die ohne Support-Band angetretenen Sugar Ray dann mit ihrer
Hit-Single "Every Morning" zum Schluß. Die Gäste erhielten nicht
die geringste Chance, Zugaben einzufordern - die Band war noch
nicht ganz von der Bühne, als Musik aus der Konserve in brachialer
Lautstärke den Saal füllte: 60 (sechzig!!!) Minuten Musik für
rund 30 Mark Eintritt. Die Menge verharrte noch eine Weile ungläubig,
um dann murrend den Saal zu verlassen. Das letzte Wort hatte einer
der enttäuschten Gäste vor der Kamera des Musiksenders MTV: "Die
Musik war gut, aber das war echt Verarschung!"
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- TITO
AND TARANTULA: Große Freiheit,
Hamburg
Quentin Tarrantino und seinem Kultfilm "From Dusk Till Dawn" haben
der amerikanisierte Mexikaner Tito Larriva und seine Band ihren
Bekanntheitsgrad zu verdanken. Der Wüstenstimmung des Films und
der daran angelehnten CD "Tarrantism" bleiben der kleine, leicht
untersetzte Sänger/Gitarrist und seine Begleitband treu. Getragener,
atmosphärisch dichter Bluesrock in fettem Soundgewand bestimmt
das Konzert - unterstützt durch eine dem Cover des aktuellen Albums
"Hungry Sally" nachempfundene, meist schlicht zweifarbig beleuchtete
Kulisse. Das Publikum in der großen Freiheit läßt sich von der
eher ruhigen Stimmung einfangen und wiegt sich im Takt - und spendet
reichlich Szenenapplaus für Larriva, der in seine wenigen, knappen
Ansagen einige deutsche Worte einfließen läßt, Szenenapplaus für
den Percussionisten, der während des Titelsongs der neuen Platte
Textauszüge auf Deutsch vorträgt, Szenenapplaus schließlich für
"German Fräulein", einen Titel, der nach dem letztjährigen Konzert
der Band in der Großen Freiheit entstand. Nach etwa eineinviertel
Stunden der Höhepunkt des Gastspiels: Tito and Tarantula spielen
Musik aus dem "Titty Twister", dem legendären Wüsten-Club, in
dem sie in "From Dusk Till Dawn" eine Vampir-Band mimen. Bei "After
Dark", seinem wohl bekanntesten Song, holt Larriva zwei Schönheiten
aus dem Publikum auf der Bühne, die ihn mit sichtlichem Spaß tänzerisch
unterstützen. Noch zweimal kommt die von der Menge lautstark gefeierte
Band für Zugaben auf die Bühne zurück - Musiker und Gäste können
nach der zweistündigen Show mehr als zufrieden miteinander sein.
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Kleiner Hinweis am Rande:
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